Zum Jubiläum wird

OZ – 04.01.2012 von LUTZ WERNER
Zum Jubiläum wird „Sailing“ einstudiert

Männerchor „Reriker Heulbojen“ feiert im April den 65. Geburtstag. 58 Auftritte gab es 2011 und in diesem Umfang soll es auch 2012 weiter gehen. Im Juni fährt der Chor zum internationalen Festival nach Prag.

Rerik. „Unser Chor erreicht in diesem Jahr das Eintrittsalter in die Rente – allerdings nur nach dem alten Gesetz“, witzelte Klaus Wolfert, der zweite Vorsitzende des Chor-Vereins der „Reriker Heulbojen“ gestern am Beginn des Treffens mit der OZ. Der dienstälteste Shanty-Chor in Mecklenburg-Vorpommern wird seinen 65. Geburtstag am 13. April dieses Jahres im neuen Haus der Begegnung „Kösterschün“ mit einem Festkonzert, einem Empfang und einem abendlichen Sänger-Ball feiern. „Vielleicht kommt sogar Ministerpräsident Erwin Sellering. Einladen werden wir ihn jedenfalls“, erklärt Gerd Strübing, der erste Vorsitzende und im beruflichen Leben Wasserschutz-Polizist. Mit Landrat Thomas Leuchert rechnet er bestimmt. Leuchert ist Ehrenmitglied.

Der Chor selbst hat längst ein reifes Alter erreicht und der Altersdurchschnitt der 46 Mitglieder des Männerchors liegt bei etwa 70 Jahren. Männer wie Geschäftsmann Wolfert (53) und Polizist Strübing (57) stehen für die jüngere Generation. Was den Chor allerdings nicht daran hindert, über das Jahr hinweg sehr aktiv unterwegs zu sein. 58 Auftritte gab es im vergangenen Jahr. Das war oberer Durchschnitt. Schwerpunktmäßig im Konzertgarten Ost in Kühlungsborn, im Morada-Hotel, auf dem Reriker Haff-Platz und zur Adventszeit in den Kirchen der Region bis hin zum großen Konzert gemeinsam mit dem Doberaner Lehrerchor im Münster. Das es in dieser Form zum ersten Mal gab und das zu einem ein großen Erfolg wurde. Horst Schirmer, der musikalische Leiter beider Chöre, hatte die Ensemble zusammengeführt.

Weitere Höhepunkte waren 2011 das große Shanty-Chor-Treffen im Rahmen der Reriker Haff-Festtage mit Chören aus Rostock, Warnemünde, Hamburg und Schleswig-Holstein, dass die „Heulbojen“ bereits zum zehnten Mal auf die Beine gestellt hatten. „Und natürlich die Schlager-Nächte im Konzertgarten Ost in Kühlungsborn 2010 und 2011, als wir gemeinsam mit Stars wie DJ Ötzi, Achim Petry und Ute Freudenberg das Programm gestaltet haben. In diesem Umfang und mit dieser Intensität wird es auch 2012 weiter gehen“, kündigt Strübing an und verweist unter anderem auf das internationale Festival der Shanty-Chöre in Prag Anfang Juni, zu dem die „Reriker Heulbojen“ eine Einladung erhielten.

Der heute 83-jährige Rostocker Jochen Renz war von 1957 bis 2008 musikalischer Leiter des Chors. Es folgte mit Horst Schirmer ein weiterer profilierter Chor-Experte. „Jochen Renz hat uns musikalisch geprägt, uns bis zum vierstimmigen Gesang geführt. Damit singen wir schon in der Oberklasse der Laien-Chöre mit. Horst Schirmer konnte hier mit seiner Arbeit anknüpfen“, erklärt Klaus Wolfert. Im Chor gibt es klar abgegrenzte Kompetenzen. Der fünfköpfige Vorstand kümmert sich um Organisation, Logistik und Finanzen, beim Künstlerischen ist der Chorleiter die letzte Instanz.

So um die 30 Lieder muss ein Chormitglied der „Heulbojen“ stimmlich und textlich beherrschen: deutsche und internationale maritime Folklore, Seemannsschlager beispielsweise aus dem Repertoire von Hans Albers und Freddy Quinn, Klassiker wie „Ave Maria“ und weihnachtliche Lieder. Das aktuelle Programm umfasst 19 Lieder und für ihr großes Jubiläumsfest im April werden die Sänger noch Rod Stewart‘s „Sailing“ einstudieren. Bei Männern wie Gerd Strübing, die seit 30 Jahren im Chor singen, umfasst die Lieder-Mappe mittlerweile 65 Titel und mehr. Nachwuchssorgen gibt es nicht. „Aber die Sänger kommen häufig erst mit dem Eintritt ins Rentenalter zu uns, wenn sie viel Zeit haben“, so Wolfert. Gesucht wird allerdings dringend eine musikalische Begleitung auf dem Akkordeon oder Keyboard. Dafür wäre im reinen Männerchor auch eine Frau willkommen. Finanzielle Sorgen gibt es eigentlich auch nicht. Denn durch die vielen Auftritte trägt sich der Chor finanziell selbst. Und er hat dabei auch noch Spielraum für charitative Aktivitäten: für die Unterstützung der Kinderkrebshilfe und der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger und für Benefiz-Konzerte, bei denen die Einnahmen für gute Zwecke gespendet werden.

Internet: www.rerikerheulbojen.de

Es begann im April 1947 mit einer Flasche Pfeffi

Im April 1947 wurde der Chor von fünf oder sechs sangeslustigen Reriker Männern im damaligen Cafe Rohde gegründet. Der Überlieferung nach bei einer Flasche Pfeffi. Das genaue Datum ist nicht bekannt. Seemannslieder wurden hauptsächlich erst ab den 50er-Jahren gesungen, vorher wurden vor allem Volkslieder dargeboten. Sender Rostock suchte Anfang der 60er-Jahre bei einem Höreraufruf nach einem originellen und prägnanten Namen für den Chor. Die Sänger wählten unter mehreren Vorschlägen den Namen „Reriker Heulbojen“ aus. Amiga, die Schallplattenfirma der DDR, produzierte 1970 mit den „Heulbojen“ und Horst Köbbert eine Langspielplatte (LP). Sie wurde 1995 als CD neu aufgelegt. Sechs CDs haben die „Reriker Heulbojen“ seit 1997 herausgebracht. Die aktuelle Scheibe heißt „Endlos sind jene Meere“. Konzerte in der Dresdner Frauenkirche und im Rathaussaal der Stadt Wien waren Höhepunkte im Wirken des Chors nach der Wiedervereinigung. Außerdem gab es immer wieder Auftritte im Norddeutschen Fernsehen N3.