Eine Frau im Männerchor: Warum Hanka Bolz bei den Reriker Heulbojen mitmacht

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Hanka Bolz ist die erste Frau, die beim Shantychor Reriker Heulbojen aktiv mitmachen darf. Möglich machte das eine Satzungsänderung. Die Wittenbecker Klavierlehrerin begleitet den Männerchor nun am Keyboard.

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Klaus Wolfert (v.l.) und Hans-Jürgen Städtler begrüßen das erste weibliche Mitglied in der Mitte der Reriker Heulbojen: Hanka Bolz am Keyboard. Quelle: Sabine Hügelland

Wittenbeck

Eine Satzungsänderung aus dem Jahre 2014 machte es möglich: Hanka Bolz ist die erste Frau im Shantychor „Reriker Heulbojen“. Allerdings nicht als Sängerin – das bleibt weiterhin den Männern vorbehalten. Doch sie begleitet den Chor am Keyboard. „Wir haben als musikalische Begleitung Frauen in weiser Voraussicht bestätigt“, sagt der Vorsitzende Klaus Wolfert und lacht. „Denn wir brauchen das zu unseren Auftritten in der Region, wie auch auf unseren Konzertreisen.“

Hanka Bolz sprang zum Jahresende 2019 ein, weil zwei Musiker ausfielen. „Chormitglied Eddi Rebonè fragte mich, ob ich Lust dazu hätte“, erinnert sich Hanka Bolz. „Mir war ein wenig mulmig – ist ja ein Männerchor – ob sie mich akzeptieren würden.“ Einen Versuch sei es wert gewesen – „und außerdem schätze ich den Shanty Chor sehr“. Denn die Sänger würden sich immer musikalisch mit dem Publikum abstimmen – und spüren sozusagen mit feinen Gefühlsantennen vor, welche Titel passen könnten.

Keyboard statt Akkordeon

„Damit ich mich auf ihre Titel einstimmen konnte, schickten sie mir CDs mit ihren Liedern zu – ich erlebte viel Hilfsbereitschaft“, sagt Hanka Bolz. Eigentlich fehlte ein Akkordeonspieler für die musikalische Begleitung des Männerchores. „Leider kann ich nun das gerade nicht spielen – aber die Männer schafften ein wirklich tolles Keyboard an, das passt auch gut. In den Proben stimmten wir uns aufeinander ab“, erklärt die 68-jährige Wittenbeckerin, die auch eine Klavierkonzertausbildung absolvierte und immer noch als Klavierlehrerin arbeitet.

Hanka Bolz beherrscht zusätzlich auch die Kirchenorgel und spielt in Steffenshagens sowie in Retschows Sakralbauten zu den entsprechenden Anlässen. Derart vorgebildet, ist es für sie relativ leicht, sich umzustellen. „Bei der ersten Probe wurde mir allerdings gesagt, ich sollte mich lieber etwas zurückhalten, still sein und erst mal zuhören“, sagt Hanka Bolz schmunzelnd. Denn eigentlich ist sie schon immer eine Quasselstrippe, deren Mund schneller ist, als man den Gedanken folgen kann. „Da merkte man auch, das sind alles Männer. Ich habe ja auch schon mal im Poeler Frauenchor mitgemacht, da wird mehr geschnattert“, sagt sie.

Chormitglieder sanieren aktuell das Vereinsgebäude

Hanka Bolz besitzt kein Auto, um nach Rerik ins Vereinshaus zu den Proben zu gelangen. „Es werden Fahrgemeinschaften gebildet. Das ist wirklich toll. Nach der Winter-Konzertreise wurde ich als ordentliches Mitglied in den Verein aufgenommen“, sagt Hanka Bolz. „Darauf bin ich oberstolz.“

Das Vereinsgebäude der Heulbojen wird gerade in Eigenleistung auf Vordermann gebracht. Der Fußboden und anderes müssen saniert werden. „Wir erfahren jedoch auch viel Unterstützung vonseiten der Stadt. Das Haus ist ein großer Pluspunkt und erspart uns ja auch Geld für Raummieten“, erklärt Klaus Wolfert. Mehr als 70 Titel umfasst das Repertoire der Reriker Heulbojen, die mit ihrem Gründungsjahr 1947 als der dienstälteste Shantychor in MV gelten. 47 Mitglieder im Alter von Mitte 50 bis 87 singen und musizieren sich unter Leitung von Horst Schirmer in die Herzen der Zuhörer. Natürlich sind neue Mitglieder stets willkommen.

Heulbojen planen 2021 Auftritt in der Elbphilharmonie

Im Herbst 2021 könnten die Reriker musikalisch sozusagen geadelt werden: „Im Gespräch ist die Elfi“, sagt Hanka Bolz. Damit ist die Hamburger Elbphilharmonie gemeint, in der die Heulbojen – wenn es bis dahin dabei bleibt – auftreten werden. „Im 700er-Saal“, ergänzt Wolfert. Hanka Bolz gefällt an den Männern auch, „dass sie solidarisch denken und Spenden auf ihren Konzerten sammeln“. Jetzt haben die Heulbojen nur ein Problem: „Hoffentlich kommen noch einmal alle Musiker in diesem Sommer zusammen – proben geht jetzt gar nicht oder nur in kleinen Gruppen“, so der Vorsitzende. „Zurzeit übt eine kleine Gruppe etwas für uns ganz Neues ein – nämlich den Hit ,An guten Tagen’ von Johannes Oerding, ein Lied, das Motto ist für das neue Gästevideo ,Kühlungsborn singt’.“

Normalerweise ist Hanka Bolz als Reiseleiterin von Hamburg bis Kopenhagen unterwegs. Sie studierte einst Gartenbau, machte sich dann jedoch als Künstlerin musikalisch selbstständig. Fast zwei Jahrzehnte spielte sie in Hotels und Lobbys zwischen Rostock und Lübeck und könnte sich vorstellen, dies wieder zu tun. Vor 20 Jahren begann sie mit Barbara Stern zusammenzuarbeiten und Kinderprogramme anzubieten. Bekannt ist sie vor allem als Hexe Küboschka. Außerdem gibt sie verschiedene themenbezogene Stadtführungen in Kühlungsborn und kann und will nicht stillstehen – Hanka Bolz lebt die Musik und liebt das Leben.

Von Sabine Hügelland, Ostsee-Zeitung